Ein neuer Trend kursiert in der Immobilienbranche: Real Estate Staging. Nur eine Vermarktungsidee aus Übersee oder aber eine spannende Ergänzung im Einheitsbrei der Wohnungs- und Neubaupräsentationen? Letzteres scheint sich durchzusetzen, denn in dieser neu aufgelegten Disziplin der Innenarchitektur gilt es verschiedene Interessen und Akteure gekonnt zu verbinden. Es heisst also, Bühne frei für kreative Einrichtungslösungen, die Lust aufs Kaufen und Einziehen machen.
Eingerichtete Musterwohnungen in Neubauten kennt man schon lange, deshalb scheint der Trend des „Real Estate oder Home Stagings" (gesprochen „steitsching"), welcher aus dem angelsächsischen Immobilienmarkt bei uns Fuss fasst, eigentlich nichts Neues zu sein. Die Neuerungen liegen in der Professionalisierung und im Zusammenspiel der beteiligten Akteure.
Während vor ein paar Jahren die Immobilienfirma eine kreative Sekretärin oder bei Bedarf die Einrichtungsberaterin eines Möbelhauses mit der Bemusterung einer Wohnung beauftragte, so sind es heute renommierte Innenarchitekten und ihre Büros, die sich dem Thema annehmen.
Klar ist, Luxuswohnungen im urbanen Raum, geräumige Lofts im Industriequartier oder eine Neubausiedlung in der Agglomeration haben unterschiedliche Zielgruppen. Im umkämpften Wohnungsmarkt, auch im Mieterland Schweiz, gilt es jeden Kunden zu umgarnen und ihn mit einem gezielten, qualitativ anspruchsvollen Angebot von einer Immobilie zu überzeugen.
Die Immobilienbranche bespielt hier mit PR-Agenturen alle Kanäle der modernen Kommunikation – im Zentrum stehen schöne Bilder von einzugsbereiten, stilvoll eingerichteten vier Wänden. Trotz Schlagwörtern wie „Wohnungsnot" und „Dichtestress" verkaufen sich Premiumwohnungen, auch in den Ballungszentren, nicht von alleine und eine attraktive und wohnliche Inszenierung beflügelt die Vorstellungskraft der zukünftigen Bewohner.
Real Estate Staging – was bedeutet das?
Kurz erklärt ist Real Estate Staging die Inszenierung einer Wohnfläche oder Immobilie zur Verkaufsförderung. Die Wohnung wird geplant und eingerichtet als Schaufenster oder Showroom, um potentielle Kunden zu gewinnen. Der Ursprung liegt im US-amerikanischen Immobilienmarkt, wo Häuser oft im noch bewohnten Zustand durch die Besitzer oder Makler an potentielle Kunden präsentiert werden. Hier gilt es, die Immobilie, also die Bühne, für den Auftritt bzw. das Verkaufsgespräch zu inszenieren.
Sogenannte Stagers entfernen dabei persönliche Gegenstände, ergänzen oder verringern Einrichtungsgegenstände, damit die Immobilie im besten Licht erscheint und grosszügig und wohnlich wirkt. Bei neuen Wohnungen oder Häusern werden einzelne Zimmer oder ganze Häuser mit Möbellieferanten mit Einrichtungsgegenständen hergerichtet.
Wie wird Real Estate Staging im Schweizer Markt umgesetzt?
In der Schweiz gibt es wohl noch wenige private Haus- oder Stockwerkeigentümer, die gegenüber Innenarchitekten als Auftraggeber für Real Estate Staging auftreten. Hier findet der Trend vor allem in Wohnungs- und Bürobauprojekten und bei Prestigeobjekten über Generalunternehmen oder Immobilienfirmen Anwendung. Zudem wird bereits früher angesetzt und Innenarchitekten werden schon in der Planungsphase hinzugezogen. So erstaunt es nicht, dass hier zu Lande vor allem die Qualität und Umsetzung in vielerlei Hinsicht professioneller und hochwertiger anmuten lässt, als der saloppe Anglizismus des Home Stagings erahnen lässt.
Als Premiumbeispiel dient das Zürcher Wohnhochhaus Zölly in Zürich West von Losinger Marazzi AG. Die Vermarktungsfirma Wüst und Wüst AG hat für dieses Projekt die renommierten Innenarchitekten des Studios Hannes Wettstein mit einem grösseren Innenausbaukonzept inklusive virtuellem Staging für die Visualisierungen beauftragt. Für die Wohnungen wurden Innenausbauvarianten erarbeitet und verschiedene Wohnwelten inszeniert.
Virtueller Einblick in eine Wohnung im Zölly (Bild: Studio Hannes Wettstein / Wüst und Wüst AG)
Als Verkaufsoption werden Objekte im Edelrohbau auch mit Hilfe von ausgebauten Musterwohnungen beworben. Ein spannendes Beispiel bietet HIAG Immobilien mit der Bewirtschaftung des ehemaligen Kunz Areals in Windisch (AG). Hier werden in einer einstigen Spinnerei Lofts im Edelrohbau angeboten. Um die Käuferschaft von den einzigartigen Räumlichkeiten zu überzeugen, wurde eine Kooperation mit der Hochschule Luzern lanciert. Studierende des Lehrgangs Innenarchitektur entwerfen Innenausbauvarianten und inszenieren die Lofts für zukünftige Bewohner. Zudem wurden Innenarchitekturbüros und Einrichter eingeladen, mittels Plänen einzelne Lösungsvorschläge zu erarbeiten, damit die Einstiegsbarriere Edelrohbau nicht als unüberwindbare Hürde für Käufer gilt.
Skizze Edelrohbau Spinnerei III Windisch (Bild: HIAG Immobilien AG)
Wird nur das Premiumsegment inszeniert?
Also ist Real Estate Staging in der Schweiz nur etwas für Wohnobjekte mit den Zielgruppen Wirtschaftskapitäne und Doppelverdiener-Haushalte? Natürlich nicht, denn auch finanzierbare und familienfreundliche Wohnobjekte werden heute professionell präsentiert.
Als kompaktes Beispiel einer erstklassigen, familien- und budgetfreundlichen Immobilie dient das Modulhaus VISION:R4 von Renggli. Hier treffen einerseits Holzbauprofis auf Innenausbauspezialisten, die mit dem Modulhaus ein erstklassiges, designorientiertes und nachhaltiges Produkt anbieten. Beim Musterhaus im stilhaus Garten in Rothrist wurden die Innenarchitekturprofis der stilhaus-Mieter möbel&co und Lichterei als Real Estate Stager hinzugezogen. Die Modulhausverantwortlichen haben in Zusammenarbeit mit den beiden Firmen eine spannende Auswahl an Möbel- und Leuchten-Herstellern für eine attraktive Inszenierung der Wohnräume ausgewählt und den Raum bespielt.
Das Ergebnis bietet familienorientiertes, nachhaltiges und trendiges Wohnen. Und das Beste daran? Für einen Besuch brauchen Sie keinen Termin beim Makler, sondern Sie können modernes Wohnen im Modulhaus vor dem stilhaus besichtigen.
Einblick in das Modulhaus VISION:R4 in Rothrist
Wir haben 5 Profis gefragt – Was macht gutes Real Estate Staging aus?
Michael Blaser, CEO, Wüst und Wüst AG
«Bei der Vermarktung ab Plan ist es unerlässlich, früh eine Vorstellung von den künftigen Wohnungen zu vermitteln. Dabei sind hochwertige Visualisierungen, welche sowohl vom Innenausbau als auch von der gewählten Möblierung her die Zielgruppe ansprechen, unverzichtbare Instrumente.»
Iria Degen, Innenarchitektin, Inhaberin Iria Degen Interiors
«Ich sehe Real Estate Staging in erster Linie nicht nur als eine Vermarktungsidee, sondern vielmehr als eine Dienstleistung für potentielle Kunden. Dass sich inszenierte Immobilien viel leichter verkaufen lassen beweist die grosse Nachfrage an professionell präsentierten Räumen. Funktional durchdachte Architektur überzeugt von alleine, ein gezieltes Styling jedoch rundet die Innenarchitektur ab und emotionalisiert. Gutes Staging verleiht den menschlichen Massstab, animiert die Vorstellungskraft und lässt träumen...»
Mia Kepenek, Innenarchitektin, Dozentin für Innenarchitektur an der HSLU Luzern, Inhaberin Frei & Kepenek
«Erst nach einer fundierten Analyse der Immobilie und der Situation kann man Immobilien inszenieren und zielgerecht ausstatten. Wir helfen dem Kunden, das Potenzial einer Immobilie und deren Stärke zu spüren. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in Innenarchitektur, Architektur und Setdesign sind wir in der Lage, optimal auf die entsprechenden Bedürfnisse einzugehen. Dieser ganzheitliche Ansatz macht für uns eine gute Inszenierung aus.»
Stephanie Aebischer, Farbgestalterin HF, Geschäftsführerin möbel&co
«Gutes Staging inszeniert eine Wohnung nicht nur, sondern vermittelt ein angenehmes Gefühl – ähnlich wie wenn man beim Händler in ein neues Auto sitzt. Es riecht gut, es fühlt sich gut an und man möchte gleich losfahren oder eben einziehen. Wir sind immer bestrebt mit dem Kunden eine angenehme und schöne Stimmung zu vermitteln und helfen gerne bei der Planung und Auswahl der Einrichtung.»
Alex Römer, Areal Entwicklung, HIAG Immobilien
«Das Staging soll den gewünschten Zielgruppen die Qualitäten eines Raumes aufzeigen. Dabei kann die Funktionalität oder die Wohnlichkeit im Vordergrund stehen. Das Staging dient letztendlich immer der Unterstützung des Vorstellungsvermögens einer Zielgruppe, was zu einer Identifikation mit dem Raum führen soll.»
Fazit zu Real Estate Staging als Trend
Mit Real Estate Staging hält nicht nur ein neuer Begriff Einzug in den Schweizer Immobilienmarkt, sondern die Disziplin erweitert und vereint das Aktivitätsfeld und Zusammenspiel von Profis unterschiedlicher Branchen und Gewerke. Die Präsentation von Wohnungen wird professionalisiert und erhält den Status, der einem Kaufentscheid, wie ihn der Normalbürger wohl nur einmal im Leben fällt, auch entspricht. Wieso sich also nicht auf einer Wohnungsbesichtigung inspirieren lassen – für eine neue Einrichtung oder gar ein neues Zuhause?
Gastautor
Beat Brechbühl ist Leiter Marketing und Kommunikation bei stilhaus, dem grössten Einkaufscenter der Schweiz für Bauen, Wohnen, Design und Lebensqualität. Die Renggli AG hat im Garten des stilhaus das VISION:R4 und das Poolhaus aufgestellt. |
Kommentare (4)
03.05.2014
Isi Bättig
aussergewöhnlich, wie man etwas Bekanntes wieder einmal erklärt, modernisiert und als Kundendienst interessant anbietet, gratuliere. Isi Bättig, baubiologische Beratungen und baubiologische Bauleitungen.
05.05.2014
Hans
..und wer hat's erfunden ? Ich erkläre hiermit "Real Estate Staging" zum Ausdruck des Jahres.
Je einfacher die Sache, desto abgehobener die Bezeichnung. Das Ganze ist genauso hohl wie der Abwart der zum Facility Manager wurde oder der Grosskundenbetreuer der auf einmal Key-Account Manager wurde... was ist wohl der nächste Schwachsinn den man uns suggerieren will ?
24.04.2023
Lia
Ich möchte Ihnen gerne ein großes Lob für Ihren Beitrag aussprechen! Der Beitrag war super und hat mir sehr gut gefallen. Liebe Grüße Lia
25.04.2023
Jeanine Troehler Renggli AG
Dankle liebe Lia für Ihr Kompliment. Es freut uns, wenn Ihnen der Beitrag gefallen hat.
Freundliche Grüsse,
Jeanine Troehler, Renggli AG