«Welche Konstruktionsart können wir hier anwenden?» Investoren wie auch Architekten stellen sich diese Frage bei jedem Bauprojekt. Und es ist nicht sinnvoll, sie immer mit «Massivbau» zu beantworten. Doch bei den Entscheidungskriterien für Holzbau oder Hybridbau stellen wir oft Unsicherheiten fest. Mit dem Beispiel der Überbauung Aletsch Campus zeigen wir auf, welche Voraussetzungen zur Konstruktionswahl von Hybridbau und Betonbau geführt haben.

hybridbau_skelettbau

Tragkonstruktion in Stahlbeton mit punktueller Lastabtragung

Das Projektteam vom «Aletsch Campus» setzte voraus, dass die lokalen Gegebenheiten wie die traditionelle Bauweise der Walliser Bauten berücksichtigt werden. Für die Gebäude waren Wohnungen (5'200 m2), Büroräume (3'300 m2), Einkaufsflächen (1'200 m2) und Raum für einen Kinderhort und ein Besucherzentrum (zusammen 1'700 m2) geplant. Letzteres ist das auffälligste Element der Überbauung: Es beherbergt das Informations-, Besucher- und Managementzentrum des UNESCO-Welterbes Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch. Ort der Überbauung ist ein Areal von 7'000 m2 mitten im Dorfzentrum von Naters.

Welches Bausystem passt am besten?

Mit welcher Konstruktion können die Baupartner die Zielvorgaben des Investors am besten erreichen? Der Investor wünschte sich ressourcensparende und nachhaltige Gebäude, die alle Normen erfüllen und innerhalb eines straffen Kosten- und Zeitplans realisierbar sind. Zudem hatte er diverse Fragen zum Brandschutz, Wärmeschutz, Schallschutz, der Luftdichtigkeit und Dauerhaftigkeit. Neben der Massivbau- respektive Holzbauweise war deshalb das Hybrid-Bausystem ein prüfenswerter Lösungsweg.

Die Lösung: der klassische Hybridbau

Das Beispiel Aletsch-Campus verdeutlicht die überzeugenden Synergien von Holz in Kombination mit Beton. Skelettbauten in Stahlbeton mit dämmenden Wandelementen aus Holz bilden dabei den klassischen Hybridbau. Die Stützen sind in Stahl oder Stahlbeton, die Decken in Ortbeton und die Gebäudehülle in hoch dämmenden Holzelementen ausgeführt.

hybridbau_skelettbau

Tragkonstruktion in Stahlbeton mit punktueller Lastabtragung

Der nachwachsende Rohstoff Holz mit seiner einfachen maschinellen Verarbeitung stellt punkto Nachhaltigkeit die anderen Baustoffe in den Schatten. Die Aussenwände wurden samt Zargen, Fenstern, dezentralen Lüftungsgeräten und allseitig behandelter (hellbraun-sepa) Holzfassade im Werk vorgefertigt.

Montage der dezentralen Lüftungsgeräte direkt in die Fensterzargen.

Montage der dezentralen Lüftungsgeräte EgoFresh direkt in die Fensterzargen.

Die Montage der mehreren Meter langen Elemente erledigte dann unser Team vor Ort in nur zwei Wochen pro Gebäude.

hybridbau_montage

Holzrahmenelement, welches vorgefertigt vom Werk mittels Sattelschlepper auf die Baustelle transportiert und montiert wird.

hybridbau_montage_aussenwand

Das nichttragende, hochgedämmte Aussenwandelement aus Holz wird an den Betonskelettbau montiert

hybridbau_aussenwand

Montierte Aussenwände.

Handskizze eines Hybridbau-Detail

Handskizze von einer Besprechung mit dem Generalplaner: Detail der Hybridbaulösung im Aletsch-Campus mit dem Augenmerk auf Brandschutz und Luftdichtigkeit.

Der Hybridbau setzt bei mehrgeschossigen Gebäuden aber auch auf die starken Eigenschaften von Beton, der grosse Spannweiten, einfachen Schall- und Brandschutz und vereinfachte Installationen der Haustechnik ermöglicht.

Stärken von Betonbau/Skelettbau

  • Kosten: Aufgrund des Materials und dem rationellen Einbauverfahren sind Betondecken sehr wirtschaftlich.
  • Statik: Grosse Spannweiten und individuelle Raumgrössen sind gut realisierbar.
  • Aussteifung: Mit einem Skelettbau und Betonscheiben kann die Aussteifung einfach realisiert werden.
  • Schall-/Brandschutz: Die Betondecke erfüllt durch ihre Masse, mit einem vernünftigen Bodenaufbau und guten Anschlussdetails, die geforderten Schalldämmwerte. Durch ein nicht brennbar gewähltes Tragsystem wird der geforderte Brandschutz erreicht. Installationsleitungen sind einbetoniert und somit abgeschottet.

Stärken der Holzsystembauweise im Bereich Fassade

  • Dämmung/Luftdichtigkeit: Holzsystembauwände spielen ihre Stärke in der guten und kompakten Wärmedämmung aus. Zugleich sorgt der mehrschichtige Aufbau für einen guten Schallschutz gegen Aussenlärm. Durch die hohe Vorfertigung wird die Luftdichtigkeit perfektioniert.
  • Planungsvorlauf: Die Vorfabrikation verlangt von den Planern die Details vor Baubeginn zu lösen. Dies schafft Klarheit bei den Schnittstellen, sorgt für Kostensicherheit und ermöglicht eine effiziente Realisierung.
  • Qualitätssicherheit: Die Vorfabrikation unter optimalen Bedingungen in der Werkhalle ermöglicht einen zuverlässig hohen Qualitätsstandard, unabhängig von Kälte und Regen.
  • Terminsicherheit: Durch den Einbau der Fenster im Werk wird zum einen die Einbauqualität erhöht und die Luftdichtigkeit garantiert, zum anderen ist unmittelbar nach dem Aufrichten das Gebäude regendicht und für den weiteren Ausbau bereit, dadurch wird die Terminsicherheit gewährleistet.

Hybridbau ist eine weitere Möglichkeit, um Objektbauten wirtschaftlich und nachhaltig zu erstellen. Entscheidend für die Systemwahl sind die Rahmenbedingungen. Diese sind von Objekt zu Objekt unterschiedlich. Das frühzeitige Einbinden von Fachpersonen ist entscheidend für die Projektqualität, die Wirtschaftlichkeit und die optimalen Lösungsansätze. Das Projekt «Aletsch-Campus» in Naters hat dies erneut bewiesen.

Projektdaten

Bauherrschaft  AXA Leben AG 
Generalunternehmung Baulink AG
Architektur RLC Architekten ag & Francesco Minniti
Holzbau Renggli AG
Nutzung Wohnungen, Büroräume, Gewerbe, Kinderhort, Besucher- und Informationszentrum
Bauzeit 2013-2015
Bauvolumen 82'000 m3
Gesamtes Investitionsvolumen CHF 40 Mio.
Investitionsvolumen Holzbau CHF 3.8 Mio.

Link-Icon Referenz Überbauung Aletsch Campus in Naters

Kommentare zu
«Hybrid-Bausystem am Beispiel «Aletsch-Campus»»

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar