Ab Ende 2019 bietet die Casa Martini Menschen in Schwierigkeiten in Locarno warme Mahlzeiten, hygienische Pflege und eine Übernachtungsmöglichkeit. Das Projekt wird durch die «Società di mutuo soccorso maschile di Locarno» finanziert. Geführt wird das Center durch den stadtbekannten Kapuzinermönch Martino Dotta, welcher der Francesco-Stiftung für Sozialhilfe angehört. Aktuell stocken wir dazu die Casa auf und realisieren einen Anbau.
«Società di mutuo soccorso maschile di Locarno»: Das ist ein 1864 gegründeter Verein für die gegenseitige Unterstützung. Gegenseitigkeit und Solidarität werden deshalb gross geschrieben. Es war auch der Grund, beim Kauf der Casa Martini keine öffentliche Hilfe anzunehmen. Das Ziel war, über Spenden, Immobilienerträge und Freiwilligenarbeit die Finanzierung eigenständig zu stemmen. Die früheren Besitzer Luigina und Marzio Martini haben mit besonders günstigen Verkaufskonditionen und einer persönlichen Spende beigetragen, dass der Verein die Casa Martini kaufen konnte – daher als Dank der Name Casa Martini.
Die Casa Martini - ein Ort des Willkommens
Entstehen wird ein Empfangsort für Menschen in Schwierigkeiten aus Locarno, aber auch für Personen, die in der Stadt unterwegs sind und eine warme Mahlzeit oder hygienische Pflege benötigen. Es stehen ca. 50 Essensplätze zur Verfügung. In den oberen Stockwerken werden rund 20 Schlafensplätze geschaffen. Neben sanitären Einrichtungen, wird auch ein Mehrzweckraum verfügbar sein, der notfalls als Raum mit sechs Schlafplätzen verwendet werden kann. Die Betreuung der Hilfsbedürftigen ist durch eine Kombination von Fachkräften und Freiwilligen rund um die Uhr sichergestellt.
Aufstockung & Anbau in Holzbauweise
Das ursprüngliche Gebäude in der Via Vallemaggia wird im Kern erhalten bleiben und mit einigen Ergänzungen renoviert. Das Architekturbüro Aldo Cacchioli Architecture SA hat die Pläne für den Umbau entworfen. Wir dürfen nun den Anbau und die Aufstockung in Holzsystembau realisieren.
Der Prozess von der Planung bis zur Fertigung und späteren Montage der Holzkonstruktion entstand in einer professionellen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen dem Architektenteam und unseren Holztechnikern. Seitens Architekt gab es von Anfang an klare Vorstellungen. Die Konstruktionsdetails wurden im engen Austausch mit unseren Holztechnikern unter Berücksichtigung des architektonischen Konzepts gelöst. Die Zusammenarbeit mit dem renommierten Architekten-Atelier Aldo Cacchioli Architecture SA war für die Firma Renggli eine bereichernde und motivierende Erfahrung.
Bauen im Bestand - ein «Erlebnis» für alle Beteiligten
Die Renovierung eines Gebäudes ist generell eine spannende Herausforderung, bei dem das «Erlebnis» ein wichtiger Bestanteil ist - denn das Unerwartete verbirgt sich direkt um die Ecke. Das beste Ergebnis für diese Art von Arbeit entsteht durch eine ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen Designer, Unternehmen und Kunden. Um ein solches Projekt erfolgreich umzusetzen gilt es den Fokus auch auf vermeintlich kleine technische und architektonische Details zu setzen. Die Faszination für diese Art von Arbeit liegt in den verschiedenen verwendeten Materialien, in der sorgfältigen Vorbereitung der Bauelemente, in der Authentizität und Einfachheit der Materialien und in den Spuren, die das Leben der Menschen auf den Böden, Wänden und Dächern hinterlässt.
Oft ist die Atmosphäre, welche diese Gebäude versprühen, sehr speziell. Ich persönlich ermutige Hausbesitzer bei ihren Renovationsplänen immer mehr dazu, so weit wie möglich den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Nicht aus Nostalgie, sondern mit dem Versuch, diese mächtigen Lebensräume einer vergangenen Zeit zu erhalten - harmonisch und geschichtsträchtig. Denn das Leben in diesen Räumen bietet jeden Tag eine magische Inspiration und Nahrung für die Seele.
Vorteile durch Holzsystembau
Ein grosser Vorteil durch die Realisierung in Holzbauweise war die Schnelligkeit, mit welcher die «Box» in das bestehende 4-kantige Satteldach eingesetzt werden konnte. Dieser Vorgang birgt gewisse Schwierigkeiten, da das bestehende Dach teilweise freigelegt wird und Sicherungs- und Endverbindungen bestehen. Eine zusätzliche Besonderheit liegt darin, dass durch die Last vom neuen Dach die Statik geändert wird und daher aus Sicherheitsgründen neu kalkuliert werden muss. Die Leichtigkeit der Holzkonstruktion ist hierbei ein zusätzlicher Vorteil gegenüber einer konventionellen Konstruktion. Ein weiteres wichtiges Element für diese innovative Konstruktionswahl ist die hohe Qualität der Bauteile und der hohe Vorfertigungsgrad der Elemente: Fenster, Türen, Isolierungen, Steckdosen und Kalbelrinnen sind bereits in die Wände und Gipskartonplatten eingesetzt.
Ein Dach für Menschen in Not
Dieses einzigartige Projekt, das von der «Società di mutuo soccorso maschile di Locarno» gefördert wurde, hat mich sofort in den Bann gezogen. Einerseits wegen der Besonderheit des Projektes, aber auch wegen der Zukunft dieses alten Hauses - welches durch diese Nutzung der Stadt erhalten bleibt. Die Unterstützung bei der Schaffung neuer Wohnmöglichkeiten für Menschen in Schwierigkeiten - «ein Dach für diejenigen, die den Faden ihres Lebens verlieren» - erfüllt schlussendlich alle Beteiligten mit Zufriedenheit.
Die Leitung des Zentrums der Francesco-Stiftung für Sozialhilfe obliegt Bruder Martino Dotta. Der Theologe, Bruder und Kapuziner ist eine prominente Person in der italienischsprachigen Schweiz und für sein soziales Engagement bekannt. Wie einst Franziskus von Assisi, unterstützte Bruder Martino mit dem «Tavolino Magico» («Tischlein deck dich») bis 2016 Menschen, die im Kanton am Rande der Armutsgrenze leben und in der Mensa «casetta gialla» (gelbe Hütte) nach wie vor diejenigen, die ohne einen Pfennig in der Tasche ins Tessin kommen. Dies sind nur zwei Beispiele unter den vielen Hilfsprojekten, die er in den letzten Jahren gefördert hat.
Das Endziel - so Bruder Martino - ist es, einen Weg der Kontinuität zu gewährleisten. So, dass die Not leidenden Personen vollständig in die Gesellschaft wieder eingegliedert werden können. Es soll sichergestellt werden, dass diese Menschen nach ihrem Tiefpunkt des Lebens ihr Schicksal wieder in die eigene Hand nehmen können. Solche Fälle sind auch im Tessin leider Realität. «Es braucht wenig, um ohne Zuhause, ohne Job und mit viel zu geringen finanziellen Mitteln zu sein», so Bruder Martino. Sowohl die «Società di mutuo soccorso maschile di Locarno» als auch die Francesco-Stiftung sind täglich mit solchen schwierigen Situationen konfrontiert. Sie fordern sofortiges Handeln, zumal die öffentlichen Institutionen oft verzögert agieren.
Kommentare (1)
04.11.2019
Società di mutuo soccorso maschile di Locarno
Casa Martini si fa conoscere in tutta la Svizzera!
Grazie a Michel Lancetti e a tutta la redazione della rivista specializzata della Renngli Swiss SA per il bell’articolo e la preziosa collaborazione.