Auf dem Hof Burgrain in Alberswil kommt zusammen, was zusammengehört. Hier, wo der Biobauernhof mit Vorbildcharakter schon seit Jahren viel Publikum anzieht, gibt es jetzt zwei neue Attraktionen, untergebracht in einer Scheune. Und in was für einer!
Die Schüür Burgrain beheimatet zum einen das Handelsunternehmen RegioFair, welches von hier aus Hofund Bioläden vorwiegend in der Zentralschweiz mit rund 500 regionalen Bioprodukten beliefert, sowie das Schweizerische Agrarmuseum, das nun «in einer ganz anderen Liga spielt».
Der projektverantwortlichen Stiftung Agrovision Muri und der RegioFair Agrovision Zentralschweiz AG als Bauherrin ging es primär darum, die Partnerbetriebe örtlich zusammenzurücken, um logistische Synergien für kundenfreundlichere und effizientere Arbeitsprozesse zu nutzen und um das Unternehmen für Besucher erlebbar zu machen. Komplementär dazu drängte es sich auf, das Schweizerische Agrarmuseum im Burgrain mit mehr Raum und neuen Ideen aufzuwerten. Beides sollte unter einem Dach Platz finden und zum denkmalgeschützten Bürgerheim passen. Solche ortsspezifischen und architektonischen Herausforderungen indessen können in der Hand eines fähigen Architekturbüros wie der Schwyter Benz Architekten AG auch zur Steilvorlage werden. Die Schüür Burgrain zelebriert die Scheunentypologie über ein raffiniertes volumetrisches Design und über die Fassade aus dunkler Holzverkleidung. Diese wartet mit einem unterschiedlichen Öffnungsverhalten auf, was nicht nur scheunenmässig grossartig aussieht, sondern auch als konstruktiver Sonnenschutz und Schattenspender dient.
Der Innenraum führt durch das Gebäude und stellt räumliche Beziehungen zu den Nutzungsbereichen her: vom Eingang mit Sichtbezug in die Tiefe der RegioFair-Logistik, weiter über den bis unters Dach reichenden Luftraum beim Museumscafé und die Treppenerschliessung, bis ins offene Foyer im Dachgeschoss. Dieser quer zum First verlaufende Raum bietet einen Museumseinblick und öffnet den Ausblick auf die Umgebung. Als Maxime für die Ausgestaltung der Schüür, innen wie aussen, legte Architekt Christian Schwyter zwei Adjektive fest: hochwertig und roh. In diesem vermeintlichen Gegensatz steckt die Spannung, die das Gebäude eben spannend macht. Zum Beispiel sollten sämtliche haustechnischen Installationen sichtbar (roh) geführt und trotzdem mit der Holzbaustruktur perfekt (hochwertig) harmonisiert werden. Diese hochwertig rohe Umsetzung macht die besondere Schüür-Atmosphäre aus und war nur in partnerschaftlicher Abstimmung mit den Planern und den ausführenden Unternehmern zu schaffen.
Die Schüür funktioniert mit Büros, Seminarraum Josef Müller Forum, Schulküche, Kühlräumen, Lager, Photovoltaik und vielem mehr als modernes Logistikzentrum im Burgrain. Daneben verschafft sie auch dem neuen Museum einen deutlich höheren Stellenwert. Neue, interaktive Ausstellungen auf 1’800 m2 zu Themen wie nachhaltige Lebensmittelproduktion, Wandel des Bauernstands oder Entwicklung der Agrartechnik und deren Folgen können hier nun in gebührendem Rahmen das Publikum involvieren und bereichern. «Das Museum spielt mit dem Neubau in einer ganz anderen Liga», sagt Museumsstiftungsrat Max Eichenberger. Die gewundene, nestartige Treppe soll die Besucher bewusst entschleunigen und ihnen das Gefühl vermitteln, in eine andere Welt hochzusteigen und einzutauchen. Die Reaktionen der Besucher auf das Gebäude von aussen, auf das besondere Raumgefühl im Innern, auf die Treppe zum Museum und die gezeigten Ausstellungen sind überwältigend. Mit der Schüür, so Geschäftsführer Urs Fanger, sei es gelungen, ein hochmodernes und äusserst zweckmässiges Gebäude zu bauen, das sich in den traditionellen Kontext eines Bauernguts wunderbar einordnet.
Details zum Bauprojekt
Projektverantwortung | Stiftung Agrovision Muri |
Bauherrschaft | RegioFair Agrovision Zentralschweiz AG Museum (Mieterschaft) Stiftung Schweizerisches Agrarmuseum Burgrain |
Architektur | Schwyter Benz Architekten AG |
Holzbau | Renggli AG |
Holzbau-Engineering | Lauber Ingenieure AG |
Bauleitung | Baureag Architekten AG |
Bauzeit | April 2020–August 2021 |
Nutzung | Museum, Eventraum inklusive Schulküche, Büro und Lager |
Konstruktion | Holzsystembau |
Fassade | Fichte-Stülpschalung sägeroh / vertikale Holzprofile |
Zeit für Genuss - für Klein und Gross
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Über den Autor
Markus Gabriel ist Inhaber und Creative Director bei der Agentur Angelink. Er schreibt seit Jahren Texte für das Renggli-Kundenmagazin «Faktor Raum» und den Fachblog.
Fotos: Bruno Meier, Sursee und Roman Polcan, Zürich
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