Zwischen Tradition und Zukunft – Der Holzbau gilt in der Baubranche als Antwort auf die globalen Herausforderungen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit. Die CO2-Reduktion, das optimale Raumklima und der langfristige Werterhalt stehen dabei im Fokus. Diverse Studien und Untersuchungen belegen die Nachhaltigkeit des Holzbaus in Bezug auf die ESG-Kriterien Environment, Social und Governance.
Die gegenwärtige Dringlichkeit einer nachhaltigen Lösung in Bezug auf die globalen Herausforderungen im Bereich Klima wird mit dem Netto-Null-Ziel 2050 der Schweiz untermauert. Dabei hat sich die Schweiz 2019 das Ziel gesetzt, bis 2050 eine ausgeglichene Treibhausgasbilanz anzustreben (BAFU, 2023). Eine ausgeglichene Treibhausgasbilanz bedeutet, dass nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre ausgestossen werden, als durch natürliche und technische Speicher aufgenommen werden können. Um dieses Ziel zu erreichen, muss sich das Bauen grundlegend ändern. Laut Lignum (2022b) gingen 45 % des schweizerischen Primärenergieverbrauchs auf das Konto des Baus und Betriebs von Gebäuden im Jahr 2022. Konkret ist die Baubranche nun gefordert, möglichst rasch nachhaltige Alternativen zu prüfen und zu fördern, um das Netto-Null-Ziel 2050 zu erreichen. Entsprechend gewinnt die Frage, ob der Holzbau tatsächlich die umfassende nachhaltige Lösung darstellt, an Relevanz und kann mit der angewandten Betrachtung der drei ESG-Kriterien analysiert werden. Anhand der ESG-Kriterien können Investmentprozesse auf umfassende Nachhaltigkeit geprüft und bewertet werden (Haberstock, 2019; Deloitte, 2023).
Bricht man die ESG-Kriterien auf den Holzbau herunter, kristallisieren sich dabei wichtige Themenblöcke wie die ökologische Bilanz, die Ausschüttung von Treibhausgasemissionen sowie das Raumklima und Wohlbefinden innerhalb eines Holzbaus heraus. Diesen überwiegend positiven Effekten eines Holzbaus werden höhere Erstellungskosten und ein kurzfristiger Renditeverzicht entgegengestellt. Nachfolgende Grafik zeigt diese und weitere relevante Themen unter dem Hut der ESG-Kriterien auf.
Ökologische Bilanz des Holzbaus
Der Holzbau bietet vielversprechende ökologische Vorteile im Rahmen des ersten ESG-Kriteriums, der Umweltverträglichkeit. Als nachwachsender Rohstoff verbessert er signifikant die Ökobilanz von Gebäuden, indem er CO2 speichert und Baustoffe mit höheren ökologischen Auswirkungen ersetzt (KBOB, 2020). Studien, darunter die von Wüest Partner (2020), zeigen, dass Holzbaukonstruktionen in ökologischer Hinsicht oft besser abschneiden als Massivbauten.
Trotz dieser zentralen Vorteile gibt es Herausforderungen, welche die ökologische Bilanz des Holzbaus beeinträchtigen können. Schlüsselthemen sind die Verleimung von Holz, die Herkunft des Holzes, der Transportweg, die Holzschutzmittel, die Holzverarbeitung, sowie die Monokulturen (Lignum, 2022b; Wüest Partner, 2020). So kann beispielsweis die Verleimung komplexer Holzbauteile den ökologischen Vorteil des Holzbaus bereits komplett zunichtemachen. Die Herkunft des Holzes und der Transportweg spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle, wobei regionales Holz die Transportwege optimiert und die graue Energie reduziert. Als graue Energie wird der nicht erneuerbare Anteil an Primärenergie bezeichnet (Wüest Partner, 2020). Die nachhaltige Waldbewirtschaftung ist zwar zentral, doch die Herkunft des Holzes und die umweltfreundliche Verarbeitung sind ebenso entscheidend. Die Förderung von Monokulturen und die Optimierung von Transportwegen sind Risiken, die vermieden beziehungsweise minimiert werden müssen (Lignum, 2022b). Der Aspekt des umweltfreundlichen Rückbaus und der Entsorgung von Holzgebäuden wird oft übersehen und sollte ebenfalls integraler Bestandteil einer umfassenden Nachhaltigkeitsbetrachtung sein (Wüest Partner, 2020). Die Schlüssel zur ökologischen Nachhaltigkeit des Holzbaus liegen somit in einer ganzheitlichen Betrachtung, unter Berücksichtigung der genannten Stolpersteine.
Raumqualität als Plus für die Nutzerinnen und Nutzer
Die Verwendung von Holz in der Erstellung von Immobilien und in der Ausstattung von Räumen hat einen positiven Einfluss auf das Raumklima. Dies stellt einen klaren Vorteil für die Mitarbeitenden und Bewohnenden entsprechender Gebäude und somit im Bereich Social dar.
Die Fähigkeit der Adsorption[1] sowie der Absorption von chemisch unbehandeltem Holz verbessert die mikrobiologische Luft- und Oberflächenqualität. Weiter konnte durch die die Befragung von Probanden zur Aktiviertheit (Anspannung – Gelassenheit, Wachheit – Müdigkeit) festgehalten werden, dass die in einem Raum verbauten natürlichen Materialien zu einer erhöhten Leistungs- und Erholungsfähigkeit führen. In einer ähnlich aufgebauten Probanden-Studie wurden zusätzlich die Indikatoren für Stress gemessen und es zeigte sich, dass diese Indikatoren in Räumen mit Holzoberflächen tiefer ausfielen. Entsprechend werden Holzoberflächen als beruhigend und gemütlich wahrgenommen und beeinflussen somit die Stressresistenz positiv. Diese und weitere Erkenntnisse gehen aus der Metastudie der TU München in Kooperation mit Proholz Bayern (2019) hervor.
Herausforderung in der Wirtschaftlichkeit
Die Vorteile in den Bereichen Environment und Social bringen den Holzbau auch im Aspekt der Wirtschaftlichkeit auf die Spitzenposition und dies trotz anfänglich tendenziell höheren Investitionskosten. Kriterien wie ökologischer Fussabdruck oder Klimaresilienz werden mittelfristig bei den Akquisitionen von Immobilien stärker gewichtet. Investoren sind bereits heute bereit, für besonders nachhaltige Liegenschaften einen höheren Preis zu bezahlen (Stammberger & Selberherr, 2023).
Kurzfristiger Renditeverzicht für langfristigen Werterhalt
Wüest Partner befragte 2022 bereits zum zweiten Mal mehr als 300 Schweizer Investoren. Dabei gelangten sie zur Erkenntnis, dass die Nachhaltigkeitsspektren bei Neuakquisitionen von Immobilien mittelfristig bei Investoren deutlich an Gewicht gewinnen. Wie aus der Grafik (Abb. 2) ersichtlich, verzeichnen die Themen Kreislaufwirtschaft, Klimaresilienz und ökologischer Fussabdruck mit bis zu 300 % das stärkste Wachstum. Treiber dafür ist vor allem der politische und gesellschaftliche Druck auf das Erreichen des Netto-Null-Ziels bis 2050. Besonders nachhaltige Immobilien können in einer Transaktion heute mit einem Preisaufschlag rechnen, was vor allem auf das niedrige Angebot zurückzuführen ist. Künftig wird sich dies in einen Preisabschlag für nicht nachhaltige Immobilien umwandeln (Stammberger & Selberherr, 2023).
Die Erkenntnis über die stärkere Gewichtung der Nachhaltigkeitskriterien wird auch durch eine Studie der Hochschule Luzern bestätigt. Die Ergebnisse daraus bekräftigen den wachsenden Stellenwert der Nachhaltigkeit und die resultierende Bereitschaft der Investoren Renditeeinbusse, zugunsten nachhaltiger Investitionen in Kauf zu nehmen. Weiter zeigen die Ergebnisse der Studie, dass nur noch eine geringe Anzahl von institutionell Anlegenden bereit ist, in Immobilien zu investieren, bei welchen die Nachhaltigkeitskriterien in absehbarer Zeit nicht erfüllbar sind (Davidson et al., 2023).
Erstellungskosten und Einflüsse auf die Erträge
Bezogen auf den Wohnungsbau fallen die Erstellungskosten, im direkten Vergleich mit energetisch zertifizierten Massivbauten, leicht höher aus «…liegen im Median leicht unterhalb des 70%-Quantils der Massivbauten» (Wüest Partner AG, 2020, S. 26). Bei Bürobauten liegt der Median für Holzbauten leicht unterhalb des Medians von konventionell erstellten Gebäuden (Lignum, 2022a).
Die tendenziell höheren Erstellungskosten haben einen Einfluss auf die Bruttoanfangsrendite. Der Holzbau liegt dabei ca. 0.35 % tiefer (Wüest Partner AG, 2020). Dem gegenüber steht der Vorteil der Vorfertigung und der daraus resultierenden verkürzten Bauzeit. Die Verkürzung der Bauzeit um vier beziehungsweise sechs Monate hat bereits Einfluss auf die Investitionsrechnung. Der Landwert kann sich aufgrund der kürzeren Finanzierungszeit um mehr als 2% erhöhen (Lignum, 2021). Hinzu kommt, dass die kürzere Rohbauzeit auch eine kürzere Phase der Lärmemissionen für die umliegende Nachbarschaft bedeutet, was wiederum einen positiven Impact auf die Gesellschaft hat.
Fazit: einen Schritt zum Netto-Null-Ziel 2050
In Anbetracht der globalen Herausforderungen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit etabliert sich der Holzbau als eine zukunftsweisende und nachhaltige Lösung in der Baubranche. Der Holzbau erzielt in allen drei Bereichen der ESG-Kriterien vergleichsweise gute bis sehr gute Ergebnisse. Diese Nachhaltigkeit manifestiert sich nicht nur ökologisch, sondern auch sozial. Dennoch hat die wirtschaftliche Analyse eines Holzbaus aus Sicht der Investoren in der Vergangenheit gezeigt, dass die positiven Aspekte der Nachhaltigkeit nicht immer die höheren Baukosten und den kurzfristigen Verzicht auf Rendite ausgleichen konnten. Diese Dynamik hat sich jedoch in den letzten Jahren mit der zunehmenden Bedeutung der Nachhaltigkeit verändert. Heutzutage sind nur noch wenige Investoren bereit, in nicht nachhaltige Immobilien zu investieren.
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