Dieser Frage bin ich in meiner Abschlussarbeit für den MAS in Real Estate am CUREM (Center for Urban & Real Estate Management) nachgegangen. Das gängige Vorurteil ist, dass Holzbau per se teurer ist als Massivbau. Im Sinne einer ganzheitlichen Analyse wird der gesamte Lebenszyklus eines Holz- und Massivbaus auf der Kosten- und Ertragsseite (whole life costs, kurz WLC) gegenübergestellt.

Seit 10 Jahren bin ich in der Holzbauplanung im Architekturbüro Kämpfen Zinke + Partner AG als Architekt tätig. Es hat mich daher interessiert, wie stichhaltig die eigenen Argumente für den Holzbau wirklich sind. Die ökologischen Vorzüge des Holzbaus sind unterdessen bekannt, daher liegt der Fokus dieser Arbeit vor allem auf den ökonomischen Vorzügen des Holzbaus. Die kurze Bauzeit und der schlanke Aussenwandquerschnitte spielen hier eine zentrale Rolle.

Methodik

  • Damit nicht nur die Kostenseite, sondern auch die Ertragsseite berücksichtigt wird, werden die Whole Life Costs (Lebenszykluskosten plus Erträge) untersucht.
  • Die theoretische Basis der Arbeit bildet die aktuelle Studienlage zu Baukosten und Bauzeitverkürzung durch Vorfabrikation.
  • Für den empirischen Teil wurde die Kostenseite in Interviews mit Stakeholdern aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette (Holzbaulehre, Totalunternehmer, Bank, Versicherung) beleuchtet. 
  • Für die empirische Untersuchung auf der Ertragsseite wurde eine eigene Fallstudie mit einem Mehrfamilienhaus mit 10 Wohnungen berechnet. 

Investitionskosten

Auf der Kostenseite sind vor allem die Investitionskosten für eine schlechtere ökonomische Bewertung verantwortlich, dies muss allerdings genau analysiert werden, da unter gewissen Rahmenbedingungen ein Holzbau zum gleichen Preis eines Massivbaus erstellt werden kann. Dies bedingt allerdings von Beginn an eine klare Holzbauorientierung, sowie die Anwendung bewährter Holzbaukonzepte. Werden Überbauungen mit Pioniercharakter erstellt, können die Kosten durch höhere Planungsaufwendungen schnell steigen. 

Risikobewertung und Unterhaltskosten

Bei den Versicherungen können höhere Kosten durch die Gebäudeversicherungen anfallen, da es hier kantonale Unterschiede bei den Prämien gibt. Dabei zeichnet sich aber ein Trend hin zur Gleichbehandlung von Massivbau und Holzbau ab, da die tatsächlichen Risiken eines modernen Holzbaus dem eines Massivbaus entsprechen. Die Risikobewertung auf Investorenseite unterscheidet nicht zwischen Holzbau und Massivbau, es wird allenfalls mit einer längeren Planungszeit kalkuliert. Die Instandsetzungs- und Bewirtschaftungskosten sind ebenfalls gleich zu behandeln, da diese unabhängig von der Konstruktionsart anfallen. 

Mehrerträge durch Vorfertigung

Wird der Holzbau konsequent und von Beginn an integral geplant, sind ökonomische Vorteile zu erzielen. Diese entstehen durch die kurze Planungs- und Bauzeit, sowie durch die schlanken Bauteilquerschnitte der Aussenhülle. Dabei ist aber genau zu beachten, wie hoch der Vorfertigungsgrad ist. Der Modulbau hat den höchsten Vorfertigungsgrad, bringt aber eine eingeschränkte Grundrissgestaltung, sowie hohe Flächenverluste durch zu stark dimensionierte Zimmertrennwände mit sich. Es gilt also die richtige Konstruktionsmethode individuell für das Projekt, unter Berücksichtigung der Nutzung, der Lage und den baulichen und energetischen Ansprüchen zu eruieren. Verfügt der Investor nicht über die nötige Bestellerkompetenz, müssen proaktive Partner auf der Planerseite (Architekt und Holzbauingenieur), sowie der Unternehmerseite zu einem entscheidungsfreudigen Team vereint werden. Die Entscheidungen müssen mit Augenmass und Konsequenz gefällt werden, um spätere Änderungen zu vermeiden. Dies führt beim Holzbau zu Komplikationen und hohen Mehrkosten, da alle Ausführungsschritte einen längeren Vorlauf durch die Vorproduktion haben.

Mehrerträge durch Flächengewinne

Je nach Anspruch an den Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) können effektiv vermietbare Flächen, oder im Schnitt gedacht, die entscheidenden Zentimeter in der Höhe, gewonnen werden. Dieser klare Renditevorteil kann bei Investitionsentscheidungen eine Rolle spielen. Auch dabei ist jedoch genau zu prüfen, welcher Dämmanspruch der richtige ist, um die grösste Überrendite zu erzielen. 

Karte mit Kantonen, die zwischen Massivbau und Holzbau unterscheiden und welche nicht.
Schweizerkarte nach Kantone: Kosten für Gebäudeversicherungen
Copyright: David Altinger

Fazit

Werden also die Whole Life Costs von Holzbau und Massivbau verglichen, liegt der Massivbau in den Bereichen Investitionskosten und Kosten Gebäudeversicherung vorne. In den Bereichen Streuung der Investitionskosten, Planungs- und Bauzeit und Aussenwandquerschnitt liegt der Holzbau vorne. Bei den Betriebs- und Bewirtschaftungskosten sind beide Bauweisen gleichwertig.

Wägt man nun die Vor- und Nachteile des vorfabrizierten Holzbaus gegenüber dem konventionellen Massivbau ab, kommt man zu dem Schluss, dass ein Holzbau keinesfalls teurer sein muss als ein konventioneller Massivbau.

Mit Blick in die Zukunft, könnten die ökonomischen Vorteile des Holzbaus sogar überwiegen. Die aktuellen geologischen Phänomene wie Naturkatastrophen und Wetterveränderungen erhöhen den Druck auf Gesellschaft und Politik die Klimaschutzziele ernsthaft umzusetzen. Dieses Umfeld begünstigt eine allfällige Besteuerung des CO2 im Gebäudepark Schweiz. Dies hätte konkrete Auswirkungen auf die Konstruktionsmethode, da diese unterschiedliche Speicherungskapazitäten haben. Die Kaskadennutzung des Holzes, erst als Bauholz und später zur Energiegewinnung bilden eine CO2 Senke. Bei einer Besteuerung würde der Holzbau konsequenterweise einen Steuerbonus auslösen, da im Gebäude effektiv CO2 gebunden wird. Ein Massivbau hingegen würde als CO2 Erzeuger Mehrkosten auslösen. Davon abgesehen treffen die negativen Externalitäten in Form des Klimawandels nicht nur die Gesellschaft im Allgemeinen, sondern über die steuerlichen Abgaben, die infolgedessen geleistet werden müssen, jeden Einzelnen. Darüber hinaus ist mit Zunahme des verbauten Holzbauvolumens mit einem sinkenden Preis für die Investitionskosten zu rechnen. Dies zum einen, da sich die Holzbausysteme bewähren und nicht für jedes Projekt neu entwickelt werden müssen. Zum anderen, da eine grössere Nachfrage auch zu grösserer Konkurrenz führen wird. Aktuell steigen die Holzbaupreise sehr stark an, dies ist aber mit kurzzeitigen Verschiebungen im Holzbaumarkt durch eine erhöhte Nachfrage aus den USA begründet. Die Preissteigerungen beziehen sich vor allem auf verarbeitetes Holz, der Rohstoff Holz ist allgemein noch in sehr grossen Mengen ungenutzt vorhanden. Daher lohnt sich der Einbezug des vorfabrizierten Holzbaus als Konstruktionsmethode, denn er leistet einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen Nachhaltigkeit.

Wegleitung für Investoren

Wenn man nun die Kriterien abwägen will, hilft die nachfolgende Abbildung. Sie bietet einen Überblick für die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Entscheidung der Konstruktionsmethode. Nach dem Entscheid sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren ein frühzeitiger Einbezug der Holzbauspezialisten, sowie eine klare Entscheidungsfähigkeit bis zur kleinsten Detailfrage, um aufwendige Planungsschlaufen zu vermeiden.

Flussdiagramm als Entscheidungshilfe für Investoren
Entscheidungshilfe für Investoren mit einer Verkettung von möglichen Einflussfaktoren: minimale Investitionskosten, hohe Kostensicherheit, kurze Bauzeit, maximale Flächeneffizienz, schwer zugängliche Parzelle, Anbau oder Aufstockung. Entscheid Holzbau, Einbezug Holzbauplaner, Fixierung Projektziele, Einhaltung Projektziele, ökonomischer Mehrwert.
Copyright: David Altinger

Über den Autor

Porträtfoto Gastautor David Altinger

David Altinger ist Projektleiter Entwurf bei Kämpfen Zinke + Partner AG. Dieser Beitrag ist auf Basis seiner MAS Abschlussarbeit entstanden.

Headerbild: Visualisierung Neubau International School Buchs, Zweigeschossiger Holzbau, Fertigstellung Mitte 2023, Kämpfen Zinke + Partner AG
Copyright: Projekt: Kämpfen Zinke + Partner AG, Visualisierung: Echt3d

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«Ist ein Holzbau wirklich teurer als ein vergleichbarer Massivbau?»

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