Nun gibt es in der Musikstadt Luzern nicht nur Stau auf den Strassen, sondern ebenfalls vor den hochfrequentierten Übungsräumen der angesehenen Musikhochschule. Auch ein bisschen aus Protest wollte hier Kulturmann Urban Frye zu seinem Strassen-Gegenentwurf ansetzen. Wohnstudios sollten hier entstehen für angehende Musikerinnen und Musiker, die zum Üben das Haus nicht mehr verlassen müssen. Ihm schwebte ein Bau vor, der ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig mithilft, ein gesellschaftliches Problem zu lösen und die Klimaziele zu erreichen. Um baulich den richtigen Ton zu treffen, hat er sich mit acht Studierenden zusammengesetzt und gemeinsam mit ihnen das Konzept für ein Gebäude entwickelt, das spontan Music Box getauft wurde.
Die befristete Nutzung und die damit verbundene Rückbaubarkeit rückten schnell den Holzsystembau in den Fokus. Mit verhältnismässig geringem Aufwand lässt sich die Music Box, die mit Schrauben und nicht mit Nägeln zusammengehalten wird, irgendwann demontieren und an anderer Stelle wieder aufbauen. Der fünfstöckige Holzbau direkt an der Reuss verfügt über 25 Studio-Appartements mit eigener Küche und Nasszelle. Ein grosser Übungsraum samt Technikecke für Aufnahmen steht zur Verfügung. Der Eingang kann als Konzertbereich genutzt werden. Dank des Lifts können auch grosse Instrumente wie Harfen einfach transportiert werden. Treffpunkt und Entspannung bieten die zwei gemeinschaftlichen Attikaterrassen und erst recht die eigene, kleine Badi an der Reuss mit Naturgarten und Grillplatz.
Was nach luxuriösen Verhältnissen tönt, ist in Wahrheit aber sehr einfach, funktional und kostengünstig gehalten. Die Architektur stand nicht im Zentrum; der Lead lag beim Ingenieurwesen und bei der zweckmässigen Lösung der nutzerspezifischen Anforderungen. Und diese lagen wesentlich beim Schallschutz. Die Geschossdecken sind deshalb in Vollholz gefertigt, beschwert mit schallschluckenden Steinplatten. Hohlkasten und Vollholzdecken bilden die Dachelemente. Wenn hier Trompete geübt wird, klingt es für die Nachbarn höchstens so wie aus einem entfernten Radio. «Ich habe keinen Moment daran gezweifelt, dass Holz gerade für dieses Haus das richtige Material ist, weil Holz eben das Grundmaterial für viele Instrumente ist. Holz verbindet das Haus direkt mit der Musik», sagt Urban Frye, der als ehemaliger Berufsklarinettist genau weiss, wovon er spricht. Auch ausserhalb der Schallthematik war an der Sankt-Karli-Strasse eine wahre Nussknacker-Symphonie angesagt. Aufgrund der steilen Hanglage war in Gebäudenähe kein Materialdepot möglich. Alles Material musste im vorgegebenen Takt für die direkte Montage angeliefert werden. Ausgeklügelt ebenso die Lösung für den Brandschutz: Im Falle eines Falles dient der Laubengang vor jedem Zimmer als Fluchtweg.
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