Ich habe den Eindruck, dass dank der Möglichkeiten des digitalen Bauens (zu) grosse Erwartungen bezüglich Bauzeit und Baukosten geschürt werden. Das ist aus meiner Sicht eine gefährliche Vereinfachung der Potentiale dieser Transformation. Und es ist auch eine falsche Herangehensweise, die unerwünschte Effekte auslösen kann. Um was geht es?
Aktuell werden in den Medien immer wieder die Vorteile des digitalen Bauens diskutiert. So auch in einem SRF-Beitrag vom 28.09.2020. Die Projektbeteiligten schwärmen von viel schnellerem Bauen und deutlich geringeren Baukosten. Das möchte ich gerne aus meiner Sicht kommentieren.
Warum heute dank digitaler Hilfsmittel niemand 10 bis 20% günstiger baut
Bis zum heutigen Tag wurde und wird in der digitalen Planung und Ausführung noch viel Lehrgeld bezahlt. Es gibt zu wenige Firmen, die über die digitalen Kompetenzen verfügen. Die Prozesse verlaufen noch stark in alten Mustern. Die digitalen Hilfsmittel sind noch nicht fertig aufbereitet und die Datendurchgängigkeit über alle Partner somit nicht gegeben. Die digitalen Leader in der Branche lechzen förmlich nach Projektkonstellationen, die den neuen Möglichkeiten Rechnung tragen und so das gesamte Potential ausschöpfen. Projekte, die bereits durch ihre Organisation die kollaborative Zusammenarbeit fördern, sind heute noch eine Seltenheit.
Es wurde die letzten Jahre viel Aufbauarbeit geleistet und viele Vorreiter befinden sich auf dem «Pfad der Erleuchtung». Das «Plateau der Produktivität» liegt jedoch noch vor uns. Was das heisst, lesen Sie auf Wikipedia zum Hype-Zyklus.
In 5 bis 7 Jahren 30 bis 40% günstiger hätte einen hohen Preis
Die durchschnittliche Zusammensetzung der Kosten in Holzbauprojekten stellt sich wie folgt dar:
- 45% Material
- 15% Drittleistungen (Transport, Baukran etc.)
- 40% Personalaufwand und Inventar
Egal wie digital wir aufgestellt sind, die Materialkosten bleiben. In Bezug auf immer knapper werdende Ressourcen könnten die Materialkosten sogar noch steigen. Drittleistungen werden möglicherweise ein wenig günstiger, fallen aber auch nicht weg. Demnach bleiben 60% der Kosten also für das Material und Drittleistungen bestehen. Folglich bleiben 40% für eine allfällige Reduktion übrig. Wenn wir in 5 bis7 Jahren soviel günstiger bauen könnten, hätte das allerdings einen hohen Preis: weitere Einbussen in der Qualität.
Druck erzeugt Gegendruck. Lasst uns die negative Spirale brechen
Die Fronten in den Projekten sind leider oft verhärtet. Durch den hohen Preisdruck und die kleinen Margen versuchen alle Projektbeteiligten irgendwie zu einem positiven Resultat zu kommen. Gemäss einer Erhebung des SBV betragen die Bauausgaben für den Hochbau in den letzten Jahren rund CHF 10 Mrd. (Quelle: Baumeister) Dem gegenüber stehen Bauschäden von rund 8% des Investitionsvolumens, also CHF 0.8 Mrd. (Quelle: HEV).
Wenn die Reduktion der Kosten und Bauzeiten als Treiber der digitalen Transformation angepriesen werden und dies noch in so kurzer Zeit und in solch grossem Ausmass, wird der Druck auf die Projektbeteiligten unweigerlich weiter steigen. Die Erwartungen können nicht erfüllt werden. Wenn die Zusammenarbeitsformen noch nicht etabliert, die Kompetenzen nicht in der Breite vorhanden und die digitalen Hilfsmittel nicht ausgereift sind, wäre der Effekt fatal.
Neue Lösungen brauchen Raum zum Entstehen. Der Schlüssel dazu ist ehrliche, weitreichende Kollaboration zwischen allen Projektbeteiligten. Von der Bauherrschaft, über die Planer bis hin zu den ausführenden Unternehmen.
Die einzelnen Puzzlestücke wurden in den letzten Jahren erarbeitet. Nun gilt es diese in den nächsten Monaten und Jahren Stück für Stück zu verbinden und so nachhaltigen Mehrwert für alle Beteiligten auf einer seriösen Basis zu schaffen.
Digital Bauen und alles wird super?
So einfach ist es natürlich nicht, obwohl aktuell überall Lobeshymnen zu hören sind. Wir arbeiten in Projekten immer in einem Ökosystem von Beteiligten. Das ganze Potential können wir erst erschliessen, wenn alle Beteiligten die neue Methode verinnerlicht haben und die Tools zielgerichtet einsetzen. Wenn also das ganze Ökosystem so arbeitet, ist sehr viel möglich. Ist jedoch nur ein Schlüsselbeteiligter nicht auf dem Niveau der anderen, funktioniert es nicht mehr. Vereinfacht gesagt, ist ein interdisziplinäres Projektteam nur so gut, wie das «schwächste» Mitglied. Deshalb setzen wir bei Renggli konsequent auf ein starkes Netzwerk: Wir wollen ein Ökosystem von Partnern aufbauen, welche motiviert sind den digitalen Weg zu gehen, um das ganze Potential auszuschöpfen und die digitalen Möglichkeiten auszureizen. Auf der anderen Seite haben wir sehr hohe Erwartungen an uns selber, ein solch kompetenter Partner für die Anderen zu sein.
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