Der Vergleich der beiden Holzbauweisen Holzrahmenbau und Massivholzbau beinhaltet mehr als nur die Gegenüberstellung von technischen Eigenschaften. Die Unterschiede reichen von den Ressourcen über die Dimensionen bis weit über die Landesgrenzen hinaus. Beide sind, am richtigen Ort eingesetzt, grossartig.

Der Baustoff Holz ist nachwachsend, einheimisch, natürlich, weist eine positive CO2 Bilanz auf und ist deshalb nachhaltig. Bedeutet dies, je mehr Holz wir verbauen, desto nachhaltiger und ökologischer bauen wir?

Holzbau ist trendig. Das hat verschiedene Gründe: Die Architekt:innen haben den ausserordentlich tollen Baustoff neu entdeckt und Investor:innen setzen vermehrt auf Projekte mit nachhaltiger Bauweise, um ihr Portfolio ökologischer zu gestalten. Die Basis für diese Entwicklung setzte die Holzbaubranche selbst, welche mit ihren Innovationen und gezielten Forschungsarbeiten die Holzbauprojekte in die Höhe schiessen lies.

Aktuell muss ich an dieser Stelle auch die Entwicklung der Rohstoffpreise, besonders die des Holzes, ansprechen. Seit mehreren Monaten erleben wir eine starke Erhöhung bei den Rohstoffpreisen, die insbesondere beim Holz deutlich spürbar ist. Der Grund dafür liegt in der Kombination von diversen Fakten und Ereignissen, wie Auswirkungen der Pandemie mit einer Veränderung der Lieferströme, eine Verknappung des Angebots infolge von Borkenkäfer-Rohholz (vor allem in Deutschland), einer Umverteilung der Nachfrage aufgrund politischer Entscheide und einer zum Teil künstlich erzeugten Verteuerung der Holzprodukte aus rein ökonomischen Gründen. Es ist zu hoffen, dass sich die Situation in naher Zukunft wieder beruhigt und sich das Preisniveau auf einer für alle gesunden Basis wieder einpendelt.

Holzbau-Weise(n)

Im heutigen modernen Holzbau werden in erster Linie die beiden Varianten Ständer- und Plattenbauweise eingesetzt. Während die Ständerbauweise vor allem in der Schweiz oft angewendet wird, setzen die Holzbauer in Europa vermehrt auf die Plattenbauweise. Die Gründe dafür sind zum Teil klar nachvollziehbar, andererseits auch völlig willkürlich. Beide Systeme haben ihre Berechtigung, werden jedoch nicht immer optimal eingesetzt. Die Analyse der beiden Bauweisen anhand ihrer Eigenschaften und Fakten sollen helfen, die richtige Bauweise in den Projekten einzusetzen.

Holzrahmenbauweise

Holzrahmen für Wandelement mit Mitarbeiter, der Mineralwolle als Dämmmaterial einfügt
Wandelement in Holzrahmenbauweise

Bei der Rahmenbauweise werden die Bauteile mit linearen Holzbauteilen wie Ständer, Balken und Sparren in den erforderlichen Dimensionen aufgebaut. Diese linearen Bauteile bilden das Gerippe, welches in Form eines Rahmens vor allem die tragende Funktion in Bezug auf die vertikalen Lasten übernimmt. Der Abstand dieser linearen Bauteile ist definiert durch die statischen Anforderungen. Der Zwischenraum wird meist ausgefüllt mit einem effizienten Dämmmaterial, das die Eigenschaften des Bauteils in Bezug auf Wärme- und Schalldämmung entsprechend beeinflusst. Die Ständer sind mit Holzwerkstoffplatten beplankt und übernehmen je nach Ausführung die Funktion der Aussteifung (übertragen der horizontalen Lasten), sowie Brand- und Schallschutz, Bauphysik und Ästetik.

Folgende Vorteile zeichnen die Ständerbauweise aus:

  • Hocheffiziente Konstruktion, dank gezieltem Einsatz der Materialien
  • Geringes Eigengewicht
  • Jede Schicht übernimmt seine spezifische Funktion
  • Statik und Wärme-/Schalldämmung wird mehrheitlich in der selben Ebene gelöst – grössere Räume bei identischem Perimeter
  • Der Hohlraum zwischen den Ständern bzw. Balken kann effizient genutzt werden (Wärme-/Schallschutz)
  • Geringe Bauteilabmessung dank Kombination der Schichten, Statik in der Konstruktion, Wärmedämmung durch das Dämmmaterial zwischen den Ständern, Brand-, Schallschutz und Ästhetik durch die Beplankung
  • Hoher Vorfertigungsgrad möglich, dadurch hohe Ausführungsqualität und kurze Bauzeit
  • Ressourcenoptimierte Bauweise

Die Holzrahmenbauweise birgt jedoch auch Nachteile:

  • Ständer/Balken müssen meistens mit Holzwerkstoffen beplankt werden, um die geforderten Eigenschaften zu erfüllen
  • Ständer/Balken ausschliesslich für eine Tragrichtung
  • Mehr Fachwissen sowohl in der Produktion wie auch bei der Montage gefordert

Massivholzbauweise

Montage eines Dachelements aus Massivholz
Massivholz-Konstruktion für den Theaterpavillon Vidy in Lausanne
Foto: Ilka Kramer

Bei der Massivholzbauweise übernimmt die Brettsperrholzplatte aus CLT (Cross Laminated Timber) oft gleich mehrere Funktionen. CLT ist ein Massivholzprodukt und wird aus mindestens drei Lagen kreuzweise verklebter Einschichtplatten hergestellt. Als innerste Schicht kann sie sichtbar eingesetzt werden. Die kombinierten Schichten können sowohl die vertikalen wie auch die horizontalen Kräfte statisch aufnehmen. Die Holzplatte kann auch als Wärmedämmung eingesetzt werden. Da Holz jedoch nur einen mässigen Dämmwert hat, muss die Platte in einer unverhältnismässigen Dimension ausgeführt werden, um einen entsprechenden Bauteil U-Wert zu erhalten. Aus diesem Grunde wird die Platte bei der Aussenwand und dem Dach aussen meist mit weiteren Schichten ergänzt um die Dämmeigenschaften zu übernehmen. Dies kann mit aufgeklebten oder mechanisch befestigten Dämmplatten erfolgen oder durch das Aufbringen einer Ständerkonstruktion. Diese wird wiederum analog der eigentlichen Ständerkonstruktion ausgedämmt und beplankt. Bei der Variante mit der Ständerkonstruktion ist eine allfällige Vorfertigung möglich. Ohne Ständerkonstruktion werden die weiteren Schichten mehrheitlich vor Ort montiert. In den Deckenkonstruktionen wird die Platte normalerweise mit weiteren Materialien kombiniert. Dies geschieht mit Schüttungen, Beplankungen oder im Verbund mit einem Betonüberzug (Holzbetonverbunddecke), die sowohl statisch wie auch schallschutztechnisch erhöhte Anforderungen erfüllen.

Das sind die Vorteile der Massivholzbauweise, die in einer Holzplatte mehrere Funktionen vereinen:

  • Sichtbare Oberfläche möglich
  • Ab fünf Schichten eine gewisse Tragfähigkeit in die zweite Richtung
  • Einfachere Montage, wenn zuerst nur die Platte montiert wird und anschliessend der restliche Aufbau auch auf der Baustelle erfolgt – weniger qualifiziertes Personal kann eingesetzt werden

Folgende Nachteile zeichnen die Massivholzbauweise aus:

  • Sehr hoher Materialanteil, da die Schicht als Vollholzschicht eingesetzt wird
  • Hoher Energieaufwand (graue Energie) zur Herstellung der Platte, vom Zuschnitt des Rohstoffs bis zum fertig verleimten Produkt
  • Bei den Bauteilen Wand und Dach eine eher ineffiziente Bauweise, da nicht mehrere Funktionen in einer Ebene kombiniert werden können
  • Eher schwere Holzbauweise
  • Erheblich grössere Querschnitte der Bauteile durch den nötigen Schichtaufbau
  • Erhöhter Aufwand in der Materiallogistik
  • Hohe Abhängigkeit von Lieferanten da der Materialanteil sehr hoch ist und sich dies entscheidend negativ auf die Kosten und die Termine auswirken kann
  • In der Regel geringer Vorfertigungsgrad, dadurch tiefere Ausführungsqualtität und längere Bauzeit

Mein Fazit: Stärken kennen und passend einsetzen

Beide Bauweisen haben ihre Berechtigung und tragen mit ihren Eigenschaften zur positiven Entwicklung des Holzbaus bei. Nach der Analyse der Eigenschaften der beiden Bauweisen ist es nachvollziehbar, dass in einem Land wie der Schweiz mit durchgängig hochqualifizierten und gut ausgebildeten Handwerker:innen die anspruchsvollere Holzrahmenbauweise sehr verbreitet ist. Im Rest von Europa, wo meistens gut ausgebildete Leute planen und eher wenig qualifizierte Leute auf der Baustelle montieren, wird meistens die Massivholzbauweise angewendet. Diese Tatsache und der Holzbauboom haben erheblich dazu geführt, dass es europaweit immer wieder zu Engpässen in der Beschaffung von CLT-Platten gekommen ist. Die Produktionengpässe in Kombination mit der bereits erwähnten globalen Situation hat aktuell gerade im Bereich CLT zu absurden Preissteigerungen und sehr langen Lieferterminen geführt.

Wie oft liegt die optimale Lösung in einer Kombination beider Varianten. Die Stärke der Rahmenbauweise liegt klar bei den Bauteilen Wand, Dach und Decken mit normalen Spannweiten. Hier kann diese Bauweise ihre Stärken voll ausspielen. Sie kann in Kombination mit beispielweise aussteifenden Wänden in CLT ihre Aufgaben kosten- und materialoptimiert erfüllen. Dem gegenüber hat die Massivholzbauweise ihre Vorteile klar in einfachen Bauteilen wie den Decken. Dort erfüllt sie effizient und in Kombination mit anderen Materialien die erhöhten Anforderungen mit Bravour.

Holz ist einer der wertvollsten Rohstoffe auf unserem Planeten. Obwohl dieser in grossen Mengen zur Verfügung steht, lohnt es sich, ihn gezielt und effizient einzusetzen. Nicht die Holzmenge in einem Bauteil ist entscheidend, sondern das Erfüllen der Aufgaben, damit wir von einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Bauweise sprechen dürfen.

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Headerbild: Lignum

Kommentare zu
«Rohstoffpreise unter Druck - Holzbau Weise(n) im Vergleich»

Kommentare (1)

    23.11.2021

    Gafner

    Ständerbau bringt mehr Wertschöpfung in die Zimmerei. Der wertvolle Werkstoff Holz muss wertschätzend eingesetzt werden

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