20.09.2016 | Veranstaltung
Rückblick zum Fachevent «Energie-Labels Schweiz»
In der Schweiz fallen über 40% des Energieverbrauchs und der klimaschädlichen CO2-Emissionen im Gebäudebereich an. Bund und Kantone wollen mit dem Gebäudeprogramm aus der Energiestrategie 2050 den Energieverbrauch im Schweizer Gebäudepark erheblich reduzieren und den CO2-Ausstoss senken. Energie-Labels für Gebäude spielen dabei eine wichtige Rolle – als Anreiz für Bauherren, aber auch als Vorgabe für Planer.
Architekten, Städteplaner, Investoren, Nutzer, Unternehmen und Politiker gleichermassen besuchten den Fachevent in Schötz
Zusammenspiel unterschiedlicher Interessensgruppen
Für eine Umsetzung der energetischen Ziele braucht es ein Zusammenspiel vieler Faktoren und einen ganzheitlichen Ansatz. Architekten, Städteplaner, Investoren, Nutzer, Unternehmen und Politiker sind gleichermassen gefragt, wenn es um nachhaltiges Bauen - und damit auch Wohnen und Leben – geht. Fünf Fachexperten, darunter Max Renggli, erläuterten die verschiedenen Labels, Normen und Gesetze und die gemeinsamen Herausforderungen: Was meinen die Experten, welche Erfolgsfaktoren die Energiewende herbeiführen können?
Ein Rückblick vom Abend
Für Prof. Adrian Altenburger von der Hochschule Luzern und Vizepräsident der SIA sind die Sanierung des bestehenden Gebäudeparks sowie die Effizienz im Betrieb die zwei wichtigsten Punkte. Dem trägt der Pilotversuch mit dem neuen Betriebszertifikat Rechnung, ergänzt Andreas Meyer Primavesi vom Verein Minergie. Elvira Bieri von der Société Générale de Surveillance SGS hebt die Verantwortung der Markttreiber hervor. Für Geschäftsführerin der Zertifizierungsstelle des Standards Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) sind die institutionellen Investoren und die Öffentliche Hand wertvolle Förderer, um mit ihrem Label die Energiewende einzuleiten. Ähnlich tönt es von Franz Wüest, dem Luzerner Kantonsrat: Unternehmer sollen sich vorbildlich verhalten. Es reiche nicht aus, wenn der Gesetzgeber Vorschriften und Gesetze erlasse. Max Renggli von der Renggli AG nimmt diesen Punkt gerne auf. Er zeigt am Beispiel des Mehrfamilienhauses swisswoodhouse in Nebikon, was er unter nachhaltig Bauen versteht. Dabei verweist er ebenfalls auf den effizienten Betrieb des Gebäudes und dessen Lebenszyklus. Er nimmt zudem das Trendthema der Bauindustrie auf: Building Information Modeling, kurz BIM. Diese Methode fördert die Zusammenarbeit bei der Planung, Realisierung, dem Betrieb und des Rückbaus einer Immobilie. Dies hilft den Beteiligten, den Fokus auf einen ökologisch, sozial und ökonomisch langfristigen Nutzen der Immobilie zu legen.
Prof. Adrian Altenburger erklärt die Bedeutung von SIA als nationale Normierungsstelle im Bauwesen, welche per Definition den Stand der Technik abzubilden hat.
SNBS: Komplex und umfassend im Ansatz - einfach in der Umsetzung
Seit der Lancierung des Standards Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS 2.0 Hochbau) ist Elvira Bieri eine gefragte Referentin. Sie zeigte in Ihrem Referat auf, dass der SNBS 2.0 der erste umfassende und zertifizierungsfähige Standard für nachhaltige Gebäude aus der Schweiz ist. Es handle sich um ein Gemeinschaftswerk von privater und öffentlicher Hand. Die Betrachtung des Kontexts führt dazu, dass auch der Standortentscheid und die geplanten Nutzungen (z.B. Wohnangebote, Raum für Unternehmen, Erdgeschossnutzungen) in die Beurteilung einfliessen. Damit bewertet der Standard auch den Einfluss eines Bauwerks auf die Siedlungsentwicklung und Raumangebote in der Schweiz.
Elvira Bieri nennt die Komplexität bei der Beurteilung des Gebäudes als ein grosses Markenzeichen.
Minergie bleibt einfach: Qualität und Energie
Andreas Meyer Primavesi blickte in die Zukunft und stelle die Neuerungen von Minergie vor. Per 1.1.2017 werden die Minergie-Gebäudestandards also «rundumerneuert» und neu lanciert. Einige der Anpassungen sind tiefgreifender Natur und werden die Baukultur ein weiteres Mal massgeblich im Sinne der Energieeffizienz und des Klimaschutzes beeinflussen und in die richtige Richtung lenken. Einzelne Massnahmen werden aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen vorerst noch nicht in allen Standards und Gebäudetypen angewendet. So können im Verlauf des Jahres 2017 verschiedene Erfahrungen gemacht werden, die allenfalls weitere kleinere Anpassungen zur Folge haben.
Das erste Mal erfahren die Teilnehmenden konkret von den Neuerungsabsichten von Minergie.
Gute Bildung braucht Zeit
Bei der anschliessenden Podiumsdiskussion war die Aus- und Weiterbildung ein wichtiges Thema. Denn hier können die Label- und Normenverantwortlichen ansetzten. Sie schaffen damit die Grundlage für Experten mit Fachwissen und erreichen so ein gutes Verständnis für die Thematik. Daneben herrscht bei den Bauherren ebenso grosser Informationsbedarf. Zu letzterem trägt auch die Frage bei, wie viel Technik überhaupt notwendig ist. Max Renggli hat sich klar dazu geäussert: «Die Technik hilft uns, die Energiewende zu schaffen. Doch sie wird auch komplexer. Das Ziel muss deshalb sein, so wenig Technik wie notwendig einzusetzen.» Prof. Adrian Altenburger ist derselben Meinung. Gemäss ihm setzen die guten Planer, Ingenieure und Architekten so oder so nur die notwendige Technik ein, bzw. diejenige, welche es zur Deckung der Bedürfnisse benötigt. Allen gemeinsam ist schliesslich die Einschätzung, dass sie die ökologische Verantwortung nicht delegieren können und der Sachverhalt uns alle betrifft.
Impressionen von der Fachtagung
Mehr Informationen zu den Labels und den Neuerungen
Handout zur Fachtagung: SNBS, Minergie, SIA und MuKEn 2014
Referat von Elvira Bieri
«SNBS: Komplex und umfassend im Ansatz - einfach in der Umsetzung»
Referat von Franz Wüest
«Energiewende für die Politik? Kanton Luzern konkret!»
Referat von Andreas Meyer Primavesi
«Minergie bleibt einfach: Qualität und Energie»
Referat von Prof. Adrian Altenburger
«Normen, Labels und die Realität - eine Reflexion»
Referat von Max Renggli
«Herausforderungen für Planer, Investoren und Produzenten»