22.06.2016 | Veranstaltung
Rückblick zum Netzwerkpartneranlass
Der erste Referent des Abends war Reinhard Wiederkehr vom Holzingenieurbüro Makiol + Wiederkehr AG. Er startete mit einem «brandheissen» Thema: Den neuen Brandschutzvorschriften im Holzbau - eine der schönsten Neuerungen im 2015. Mit der Einführung der neuen Brandschutzvorschriften sind Holzbauten den Massivbauten nahezu gleichgestellt. Dafür hat sich Rainer Wiederkehr als Brandschutzexperte seit fast einem viertel Jahrhundert eingesetzt.
«Sehr viel ist in Holzbau möglich – sogar Hochhäuser. Man muss nur wissen, wie.»
Reinhard Wiederkehr vom Holzingenieurbüro Makiol + Wiederkehr AG
Brandschutzvorschriften: Normenverfasser zum Farbensehen bewegen
Holz brennt. Das ist allen klar. Entsprechend haben die Normen vor 20 Jahren ausgesehen: Es gibt brennbares Material wie Holz. Und es gibt nicht brennbares Material wie Stahl, Beton und Backsteine. Das Denken der Leute war in die Farben Schwarz und Weiss eingeteilt. Reinhard Wiederkehr musste daher diejenigen Leute, welche die Normen erarbeiten, vom Farbenspektrum überzeugen. Sie sollten nämlich Blau für Bauteile sehen, die aus nicht brennbarem Material bestehen müssen, z.B. für Treppenhäuser. Und Gelb für feuerwiderstandsfähige Bauteile aus brennbaren Materialien, zum Beispiel Wände oder Fassaden aus Holz. Die Holzbaubranche hat dafür Pionierprojekte mit «super-spezial-Bewilligungen» realisiert. Zum Beispiel das Hotel City Garden in Zug, die Bewohnerhäuser der Heimstätte Bärau (beide mit der Renggli AG) oder das Hotel Rössli in Weggis. Damit konnte sie beweisen, dass diese Projekte in Holzbau möglich sind, ohne Abstriche bei der Sicherheit hinzunehmen. Den Fachkommissionen die Augen geöffnet hat auch ein 1:1-Beispiel eines Feuers bei einem mehrgeschossigen Mehrfamilienhaus mit Aussenwänden aus Holz. Reinhard Wiederkehrs Fazit: «Alles geht in Holz. Man muss nur wissen wie!» Jetzt liegt es an den Bauherren und Investoren, das Potential von Holz auszuschöpfen und entsprechende Projekte bauen zu lassen.
Schweiz: Wohlstand durch Export
«Was sich im Export bewährt, ist gut. Denn die Konkurrenz ist da viel stärker.»
Willi Glaeser, pensionierter Unternehmer
Willi Glaeser war der zweite Referent. Er ist ein umtriebiger, inzwischen pensionierter Unternehmer mit unglaublich viel Exporterfahrung. Er sagt gleich klipp und klar: Ideen haben sehr viele, Projekte etwas weniger und bei den Produkten sind es nochmals weniger. Dann wird es richtig schwierig: Beim Markt. Da trennt sich die Spreu vom Weizen, weil viele den Markt unterschätzen. Er hat auch eine gute Nachricht: Was sich im Export bewährt, das ist sehr gut. Denn die Konkurrenz ist im Export nochmals viel stärker als Zuhause. Was gut in ausländischen Märkten ankommt, hat grosses Erfolgspotential. Er ist überzeugt, dass die Schweiz durch die vielen erfolgreichen Patente und Exportprodukte überhaupt zu ihrem Wohlstand gefunden hat. Mit viel Verve erzählt er Geschichten erfolgreicher alter und neuer Schweizer Innovationen – vom Stabmixer Bamix über die Felco-Gartenschere bis zum ersten Elektrovelo, dem Flyer. Den erfolgreichen Herstellern gemeinsam ist ihre Beherztheit. Sie haben nicht aufgegeben und unzählige Male Klinken geputzt. Willi Glaesers Fazit: «Ihr müsst beherzt sein, dürft nicht aufgeben. Und vor allem: Habt Mut zur Blamage!»
Industrie 4.0 und BIM: So bauen wir in Zukunft
«Netzwerkpartner sind wichtig, damit wir uns alle weiterbringen.»
Max Renggli, CEO
Max Renggli hat sich in seinem Vortrag der Zukunft des Schweizer Holzbaus angenommen und damit der Industrie 4.0. Dieses vierte Zeitalter der industriellen Revolution verbindet in (Alltags-)Gegenstände eingebaute Computerchips miteinander oder mit dem Internet. Die damit einhergehende Vernetzung der Wertschöpfungsketten und die Digitalisierung ermöglichen neue Geschäftsmodelle. Building Information Modeling (BIM) ist eines der Teilgebiete der Industrie 4.0. Die Methode ermöglicht den Baupartnern von Beginn an, in einem gemeinsamen 3D-Modell zusammenzuarbeiten. Dazu wird in einer Datenbank ein vollständiges, digitales und dreidimensionales Modell des Bauprojekts erstellt. Das bringt viele Vorteile für alle Parteien, fordert aber auch besonders deren interdisziplinäre Zusammenarbeit. Gerade in der Planungsphase bringt die Kooperation zwischen Bauherren, Architekten, Fach- und Werkplanern sowie Ingenieuren eine hohe Flexibilität im Prozess. Die Partner können ihre Fachkompetenz optimal einsetzen. Am Ende ist das Bauprojekt früher und in besserer Qualität bezugsbereit, der Betrieb ist effizienter und der spätere Rückbau einfacher.
Renggli setzt stark auf die Philosophie und Strategie von Industrie 4.0 und BIM. Genau da kommen die Netzwerkpartner ins Spiel: Denn ohne sie kann Renggli den Weg nicht gehen. Max Renggli liegt es denn besonders am Herzen, den Netzwerkpartnern für die gute Zusammenarbeit zu danken – für heute und in Zukunft.
Präzision in der Kommunikation und ständiger Wille zur Verbesserung
Bei der abschliessenden Podiumsdiskussion hat Simone Leicht, Marketingleiterin bei Renggli, die drei Teilnehmer kritisch befragt: Was sind denn nun die Antworten auf die kommenden Herausforderungen? Für Willi Glaeser ist klar: «Die Kommunikation ist alles!» Er präzisiert allerdings, es gehe ihm vor allem um den kulturellen Ansatz. Die Sprache ist das eine, aber die Kultur der Partner zu verstehen, sei die Essenz. Max Renggli wiederum ist die Präzision in der Kommunikation das A und O. Ohne diese gibt es unnötige Schlaufen und viele Missverständnisse – das Gegenteil von Lean Management. Die heutige Wirtschaftslage erlaube das nicht mehr. Reinhard Wiederkehr findet, dass wir im Schweizer Holzbau sicher nicht über den Preis verkaufen können. Dort hätten wir immer ein Problem. Unsere Stärke liege vielmehr im technischen Wissen. Diese Aussage nimmt Max gerne für den Abschluss auf: Ihm ist der Transfer dieses Wissens innerhalb des Partnernetzwerks wichtig. Und das möchte er nun gerne mit einem Apéro fördern.
Impressionen vom Netzwerkabend
Mehr Informationen zu Building Information Modeling (BIM)
Blogbeitrag von Gastautor Thomas Rohner, Leiter der Fachschaft Holz und Professor für Holzbau und BIM an der Berner Fachhochschule: Digitale Vernetzung erobert die Baubranche