Rund 140 Gäste aus der Baubranche kamen zu Workshops, Referaten und Networking nach Schötz.
Unter dem Titel «Fassaden und Gebäudehüllen – vielfältig, schön, nachhaltig» lud die Renggli AG zum jährlichen Fachevent an ihren Firmensitz nach Schötz ein. Rund 140 Gäste nahmen am abwechslungsreichen Programm teil. Den Start machte ein Warm-up ins Thema mit acht Diskussionsinseln zu Fragen wie «Welche Merkmale hat eine perfekte Fassade?», «Auf welche Schwierigkeiten stossen Sie bei der Fassadengestaltung?», «Was drückt eine Fassade für Sie aus?». Nach der Begrüssung durch CEO Max Renggli referierten Experten aus den Fachbereichen Forschung, Architektur, Fassadenschutz und Unterhalt und stellten sich in einer Podiumsdiskussion den Fragen der Gäste. Vertreten waren Yves Schihin, Partner Burkhalter und Sumi Architekten Zürich, Dr. Tanja Zimmermann, Departementsleiterin «Functional Materials» an der EMPA in Dübendorf, Nikolas Uhlmann, Technical Support Manager bei Teknos Feyco AG, Johann von Hirschheydt von der Vogelwarte Sempach und Dominik Arioli, Team Leader Development & Construction bei Axa Investment Managers Schweiz AG.
Holz ist ein natürliches Material
Sieht man eine verwitterte Holzfassade, findet der eine: «Das gibt Charakter!», ein anderer findet es unschön. Holzfassaden lassen sich heute durch innovative Oberflächenbehandlungen schützen. Neben einer längeren Lebensdauer und geringerem Pflegeaufwand verleihen sie der Fassade auch optisch interessante Akzente. So hat sich seit einigen Jahren die sogenannte «Vorvergrauung» für Holzfassaden etabliert. Bei der Wahl des Fassadensystems gilt es laut Nikolas Uhlmann von Teknos Feyco AG, aber unterschiedlichste Aspekte zu beachten. «Eine Vorvergrauung bietet zwar eine natürlichere Oberfläche und verursacht auch kaum Pflegekosten, schränkt alle Beteiligten aber deutlich bei der Farbtonauswahl ein.» Seiner Meinung nach ist es das Wichtigste, schon während der Planungsphase einen guten Informationsfluss zwischen allen Interessengruppen sicherzustellen. „Jedes System hat Vor- und Nachteile, diese gilt es zu beachten und auch klar zu kommunizieren.“, führt Uhlmann aus.
Abwägen zwischen Optik und Pflegeaufwand
Dominik Arioli kann dies aus Investorensicht nur bestätigen. Die Axa legt bei Neubauten und Sanierungen des Gebäudebestandes grossen Wert auf eine langfristige und nachhaltige Bauweise. Dies steht oft in einem Spannungsfeld, wie Arioli weiss: «Bei Bauprojekten stellt die Fassade einen von vielen Kostenblöcken vor allem im Unterhalt dar, allerdings sollte sie bei unseren Projekten auch als Blickfang immer einzigartig sein.»
Schön, aber gefährlich
Dass ein optischer Blickfang manchmal auch zur Falle geraten kann, weiss Johann von Hirschheydt zu berichten. Vogelkollisionen an Glasfassaden sind vor allem in der urbanisierten Welt ein stark unterschätztes Tierschutzproblem. Allein in der Schweiz muss man pro Jahr mit Opferzahlen im hohen sechsstelligen Bereich rechnen; weit über 100 Arten sind davon betroffen. «Am problematischsten sind Glasfassaden durch ihre Transparenz und Reflexion. Durch geeignete Materialien kann man Risiken vorausschauend vermeiden oder nachträglich entschärfen.» Allerdings räumt Hirschheydt ein, dass bisher alle effizienten Schutzmassnahmen gegen Vogelkollisionen mit einer gewissen Beeinträchtigung der Durchsicht für den Menschen verbunden sind.
Forschung für mehr Beständigkeit
Das Team um Dr. Tanja Zimmermann forscht an der Empa und ETH derzeit daran, das Holz gegen Witterungseinflüsse, insbesondere Feuchtigkeit, UV-Strahlung, Hagel und Mikroorganismen zu schützen. Dabei wird mikrofibrillierte Cellulose (MFC) als Trägermaterial für aktive Substanzen, wie z.B. UV-Absorber, organische Biozide oder Nanopartikel, in transparenten Acryl- oder Alkydharzbeschichtungen untersucht. Zimmermann verzeichnet erste Erfolge: «Die Wirkstoffe konnten dabei besser im Anstrich verteilt und fixiert werden. Aktuell testen wir die Oberflächenbehandlungen in Freiluftbewitterungsversuchen auf ihre Leistungsfähigkeit und demonstrieren die Ergebnisse an der zusammen mit Renggli erstellten Wohnunit “Vision Wood“ im Grossprojekt NEST der Empa bzw. dem “House of Natural Ressources“ der ETH».
Holz schafft sinnliche Dichte
Die Feuchtigkeitsaufnahme von Holz hat aber auch ihre guten Eigenschaften. So gleicht Holz gemäss Architekt Yves Schihin von Burkhalter Sumi Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit aus. Dies macht Holz für den Menschen zu einem der angenehmsten Baumaterialien überhaupt und trägt gleichzeitig zum verminderten Lüftungsbedarf und zur erhöhten Energieeffizienz bei. Doch für den im Holzbau erfahrenen Architekten umgibt den Baustoff Holz neben seinen hervorragenden konstruktiven und nachhaltigen Eigenschaften eine besondere Aura: «Auffällig ist, dass Möbel und Fassaden aus Holz in Schönheit altern. Patina und Gebrauchsspuren erhöhen für viele Menschen den Wert eines Gegenstandes aus Holz, weil er Erinnerungen speichert, Geschichten erzählt und ein Gegenkonzept zu den kurzlebigen Wegwerfartikeln unserer Gesellschaft bildet.» Holz kann bei einem schlüssigen städtebaulichen Konzept und einer sinnigen Erdgeschossnutzung für eine höhere bauliche Dichte eingesetzt werden, ohne dass sie von den Bewohnern als solche wahrgenommen würde. Die Akzeptanz von baulicher Verdichtung mit Holz scheint also grösser zu sein als bei einer konventionellen Bauweise. Holzfassaden in urbanen Räumen liegen deshalb auch mehr und mehr im Trend.